Jede Elektrofachkraft (sowohl Hochvolt als auch VDE) weiß natürlich, dass der Kontakt mit spannungsführenden Teilen tödlich sein kann. An dieser Stelle noch einmal der Hinweis: Solange wir uns im Niederspannungsbereich, also Wechselspannung unter 1000 Volt und Gleichspannung unter 1500 Volt, bewegen, wird die Gefahr durch Körperdurchströmung lediglich bei physischem Kontakt als Gegeben angesehen; also durch Berühren. Dieses Berühren wird von Elektrofachkräften unterschieden in sogenanntes „Direktes Berühren“ und „Indirektes Berühren“. Dies wird oft fälschlicherweise jedoch von elektrotechnisch fachfremden verständlich als Kontakt der Haut mit dem Spannungsführenden Teil oder über ein leitendes Element wie einen Nagel interpretiert. Dies wäre angesichts der Wortwahl „Direkt“ und „Indirekt“ zwar naheliegend ist jedoch falsch.
Vorab eine Definition „Direktes Berühren“ ist das Berühren unter Spannung stehender Teile durch Personen oder Nutztieren. „Indirektes Berühren“ ist das Berühren von infolge eines Fehlers unter Spannung stehenden Teilen oder Körpern elektrischer Betriebsmittel durch Personen oder Nutztieren.
Beim Direkten Berühren entsteht also ein physischer Kontakt zu etwas, was unter Spannung stehen soll und es auch tut. Beim Indirekten Berühren entsteht hingegen ein physischer Kontakt zu etwas, was zwar unter Spannung steht aber eigentlich gar nicht unter Spannung stehen sollte, sondern dies nur aufgrund eines Fehlers tut.
Um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu verdeutlichen: Beim direkten und beim Indirekten Berühren berühre ich oder jemand also etwas, was unter Spannung steht. Beim Direkten Berühren soll das berührte Etwas aber auch unter Spannung stehen, zum Beispiel die spannungsführende Leitung. Beim Indirekten Berühren sollte das berührte Etwas gerade NICHT unter Spannung stehen, es tut es aber, aufgrund eines Fehlers. So kann es sich hierbei also etwas um das metallene Gehäuse eines elektrischen Betriebsmittels handeln welches aufgrund eines Isolationsfehlers der innen laufenden Leitungen unter Spannung steht.
Es spielt übrigens keine Rolle ob ich weiß, dass etwas unter Spannung steht oder nicht um fest zu stellen ob es sich nun um direktes oder indirektes Berühren handelt. Wenn ein vierzehn Monate altes Kind mit einem herumliegenden Nagel auf dem Boden der Werkstatt anfängt in der Steckdose zu pulen und dann den spannungsführenden Kontakt erwischt, handelt es sich um direktes Berühren; auch wenn das Kind gar nichts von der Spannung bzw. der Gefahr wusste. Auch dass ein Nagel hierfür Verwendung fand spielt keine Rolle, es bleibt ein direktes Berühren. Ebenso ist es egal ob das Berühren selbst absichtlich, gedankenverloren oder versehentlich geschah. Direktes Berühren bedeutet, etwas zu berühren was ganz regulär und ordnungsgemäß unter Spannung steht. Indirektes Berühren bedeutet, etwas zu berühren was nur, also ausschließlich aufgrund eines Fehlers unter Spannung steht und nicht unter Spannung stehen dürfte. Beide Arten des Berührens sind bei elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln nicht nur zu vermeiden, sondern auch zu verhindern.
Nun habe ich aber einen Punkt komplett unterschlagen, und das war die Definition wer Berührt; Personen oder Nutztiere. Personen ist klar; hierbei handelt es sich um menschliche Wesen jeden Alters und jeden Geschlechts. Bei den Nutztieren sieht das etwas anders aus und je nach Definition findet man hier auch tatsächlich unterschiedliche Bezeichnungen. Hier sind weder Tiere im allgemeinen Sinne gemeint noch Nutztiere im ausschließlichen Sinne eine Nutztierhaltung wie es bei Rindern oder Schafen zu verstehen ist. Es handelt sich um Tiere die sich regulär im Bereich der elektrischen Anlagen aufhalten sollen. Diese etwas zugegeben schwammig formulierte Erklärung hat ihren Hintergrund. Als Anlagenbetreiber sind wir verpflichtet diese gegen direktes und indirektes Berühren zu schützen. Umgesetzt und aufrecht erhalten wird die Erfüllung dieser Pflicht durch die Elektrofachkraft. Stellen Sie sich vor, Sie sind verantwortlich für eine elektrische Anlage. Diese suchen Sie zu Prüf-, Reparatur- oder Wartungszwecken als Elektrofachkraft auf. Die Anlage ist in ordnungsgemäßem Zustand. Sie schalten die Anlage ab und öffnen diese ordnungsgemäß. Dabei fällt Ihnen eine tote Maus auf, diese ist irgendwie in die Anlage geraten und hat spannungsführende Teile berührt was zu ihrem Tod führte. So tragisch dies für dieses Tier sein mag so ist dies nicht grundsätzlich ein Anlagenfehler. Natürlich steht es dem Anlagenbetreiber frei einen deutlich weitergehenden Schutz zu installieren. Und es kann je nach Gegebenheiten auch angebracht oder gar gefordert sein. Aber grundsätzlich ist dies nicht zwingend als Fehler durch Sie oder den Betreiber zu betrachten. Dennoch: Sowohl vor direktem Berühren als auch bei indirektem Berühren ist ein geeigneter Schutz zu schaffen. Hierzu gibt es drei Kategorien in den sogenannten Schutzmaßnahmen nach VDE 0100 Teil 410.
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